Wie sich Jasmin vollumfänglich im Betrieb entfalten kann

Wie bleiben Mitarbeitende langfristig zufrieden und motiviert? Zum Beispiel, wenn sie sich sicher und kompetent bei der Arbeit fühlen. Wenn sie immer wieder Neues lernen können. Wenn sie mehr Verantwortung übernehmen dürfen. Diese Aspekte wirken sich positiv auf die Gesundheit, das Selbstbewusstsein und das Engagement aus. Darum investieren gerade auch kleinere Unternehmen seit einigen Jahren vermehrt in die Weiterbildung der eigenen Mitarbeitenden.

Jasmin Spalinger ist Gärtnerin. Nachdem sie zuerst die Lehre als Schreinerin abgeschlossen hat, zog es sie doch mehr an die frische Luft und sie absolvierte zusätzlich die Lehre als Gärtnerin. Nun arbeitet sie als Vertreterin der 3. Generation in der Ernst Spalinger AG. Aktuell leitet sie ein kleines Team. Eine spätere Mitarbeit in der Geschäftsleitung des von ihrem Grossvater gegründeten Betriebs kann sie sich gut vorstellen. Zunächst will sie aber bei der jetzigen Aufgabe noch mehr Erfahrungen gewinnen.

Ihr Vater – Betriebsleiter Daniel Spalinger – fördert nicht nur gute Grund- und Weiterbildungen im Betrieb und der Branche generell, sondern legt auch ein besonderes Augenmerk darauf, mit der Zeit zu gehen. So kann er sich gut vorstellen, die Geschäftsleitung des Betriebs an ein kleineres Team zu übergeben. Er meint: «Bei meinem Vater und mir war klar: Es gibt nur einen Chef. Die heutige Generation sieht das anders. Die Hierarchie ist flacher. Grundsätzlich gilt bei Diskussionen und unterschiedlichen Meinungen im Betrieb sowieso: Es braucht gescheite Kompromisse.»
 

Dünger für die persönliche Entfaltung

Die Arbeit in KMU im verarbeitenden Gewerbe und Handwerk ist vielfältig und abwechslungsreich. Anders als in einer Fabrik sind Mitarbeitende und Betriebsverantwortliche meistens für verschiedene Aufgaben zuständig und stehen oft in direktem Austausch mit der Kundschaft.

Trotz abwechslungsreicher Tätigkeiten sind viele Mitarbeitende interessiert daran, etwas Neues zu lernen und andere Aufgaben oder sogar eine grössere Verantwortung zu übernehmen. Diese Bereitschaft ist wertvoll – und sollte entsprechend gefördert werden.

Während Pflanzen für ihr Wachstum einen guten Boden, Dünger, Licht, Wasser und Platz benötigen, brauchen Mitarbeitende für ihre Entfaltung passende Möglichkeiten und abwechslungsreiche Aufgaben, mit denen das eigene Tätigkeitsfeld kontinuierlich erweitert wird. Dadurch wachsen nicht zuletzt auch der Stolz und die Zufriedenheit über die eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten.
 

Abwechslungsreiche Tätigkeiten fördern

Dr. Désirée Stocker, Arbeits- und Organisationspsychologin und Geschäftsleiterin der Stiftung Artisana, zu den Möglichkeiten für die Übergabe von Verantwortung: «Die Übernahme von mehr Verantwortung – zum Beispiel in Form einer neuen Funktion – ist für Mitarbeitende ein wichtiger, aber auch anspruchsvoller Schritt. Weiterbildung zu fördern ist dabei eine gute Grundlage. Damit die Tätigkeit von Mitarbeitenden abwechslungsreich und interessant bleibt, sind auch der Tausch von Arbeitstätigkeiten, eine neue Zusammensetzung von Teams oder die Erweiterung des Aufgabengebietes (z.B. mehr Kontakt mit Kunden) gute Möglichkeiten. Hinter Stichworten wie Job Rotation, Job Enlargement und Job Enrichment eröffnen sich neue Perspektiven.

Bei der Übergabe von mehr Verantwortung sind wichtige Fragen zu klären. Welche Entscheidungen sollen fortan selbst getroffen werden? Wie sind die neuen Kompetenzen definiert? Und wer kann bei Bedarf zu Rate gezogen werden? Denn mit mehr Verantwortung steigt auch der Grad der Verantwortlichkeit dafür, wenn etwas schiefläuft. Ausserdem gibt es auch Mitarbeitende, die froh um Konstanz und Stabilität sind. Eine Überforderung durch mehr Verantwortung oder Druck kann nicht das Ziel sein. Regelmässige Gespräche über Stresspegel, Interessen sowie Über- oder Unterforderung sind deshalb zentral. Oder wie Daniel Spalinger auf die Frage, wie es gelingt, zu fördern aber nicht zu überfordern so schön sagte: Einerseits stupfen und andererseits immer wieder nachfragen.